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Die Zeiten sind bewegt. Hochsensible Personen (HSP) sind davon besonders
„mitgenommen“, auf höchst unangenehme Weise. Denn sie nehmen den Zustand des
zwischenmenschlichen Geflechts intensiv wahr – ob bewusst oder unbewusst. Nicht wenige
verspüren heute eine andauernde Anspannung, ohne sie wirklich zuordnen zu können.
Zudem greifen Wut, Frust und Angst um sich. Von allen Seiten gibt es Einladungen, sich in
den Dienst des Sinfoniekonzerts der Empörungen und Aufregungen und Feindseligkeiten und
Belehrungen zu stellen und mitzusingen.
Es scheint der einfachere Weg, es einfach wie die anderen zu machen, als könne man
außerhalb der vorgezeichneten Trampelpfade nicht gut überleben. Und dennoch fühlt er sich
nicht richtig an.
Weltflucht scheint die andere verlockende Antwort für Hochsensible zu sein: Der Traum von
der „Hütte im Wald“, die digitalen Ablenkungen, der Rückzug in eine immer kleiner werdende
Privatsphäre, Opferhaltungen, Alkohol und andere Substanzen, bis hin zur
Selbstauslöschung.
Nur wird das Ohnmachtsgefühl erst dadurch erschaffen, dass man sich ihm hingibt.
Man sieht die eigene Machtlosigkeit als Ursache für den eigenen Rückzug. Doch in
Wirklichkeit ist es umgekehrt. Und: Es gibt andere Wege.
Als hochsensibler Mensch schwierige Zeiten „überleben“
Sollte man in die Konfrontation gehen? Wie hält man aber die Konfrontationen aus, die
zahlreiche negative Empfindungen auslösen können, wenn man hochsensibel ist und
unangenehme Empfindungen oft Stunden, Tage, Wochen im Körper nachglühen und nicht
weggehen wollen?
Es wäre wahrscheinlich kindliche Träumerei, dass Hochsensible aus dem Stand eine bessere
Welt erschaffen könnten. Sich Besserung „herbei meditieren“ wird man auch nicht können,
denn für irdische Herausforderungen sind irdische Lösungen gefragt.
Jenseits jeden Wunschdenkens wartet heute eine durchaus realistische Aufgabe auf die
Hochsensiblen: die Schadensbegrenzung.
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Die Herausforderung: Durch die Gesellschaft wallende Wellen von Wut, Angst, Frust,
Belehrung, Verachtung, Empörung, Egoismus, Selbstgerechtigkeit leben davon, dass sie
wie Viren von einem Menschen per Ansteckung auf den anderen überspringen wollen.
Die Aufgabe: Beschließen, zu den Menschen zu gehören, die das Virus nun einmal nicht
weitergeben. Viele Hochsensible haben ein Gespür dafür, was dem
zwischenmenschlichen Geflecht schadet und was ihm gut tut. Sie können den Entschluss
fassen, von dem, was bei ihnen ankommt, nur das weiterzugeben, was gut tut, und die
Endstation für das zu sein, was schadet.
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Die Herausforderung: Mitmenschen fühlen sich von der allgemeinen Stimmung bedroht,
bedrückt, verängstigt, verfallen in Starre und Rückzug, oder Frust und Wut. Die Aufgabe:
Diese Menschen unterstützen, ihren Fokus stattdessen auf das zu richten, was in ihrem
Leben stimmig und nährend ist, und nach und nach wieder in die persönliche
Souveränität zurück zu kehren. Wir nähren alles, dem wir unsere Aufmerksamkeit
schenken, und schwächen alles, dem wir unsere Aufmerksamkeit entziehen. Wir sind alle
ein bisschen Weltgärtner, und unsere Aufmerksamkeit ist die Gießkanne. Wir können
andere unsere Aufmerksamkeit an sich reißen lassen, oder wir können die Verantwortung
dafür übernehmen, sie sinnvoll und souverän selbst zu steuern.
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Die Herausforderung: Wir haben alle unsere sogenannten „Trigger“, und die heutige Zeit
spielt auf ihnen Klavier. Dass uns wieder einmal ein Trigger auf Autopilot geschaltet und in
eine Eskalation verwickelt hat, merken wir meistens zu spät – wenn wir wieder zur
Besinnung zurückkehren und den Scherbenhaufen sehen, der dadurch entstanden ist.
Die Aufgabe: Die Verletzungen hinter den Triggern erkennen. Hinter jedem Trigger steckt
ein verletzter Persönlichkeitsanteil. Je mehr wir diese Anteile erkennen und ihre
Verletzungen versorgen und kurieren, desto mehr wird unsere zersplitterte Persönlichkeit
wieder zu einer Ganzheit. Mehr innerer Frieden kehrt ein. Und wo Frieden ist, kann
Unfrieden nicht mehr Fuß fassen. Zudem ist innerer Frieden nicht nur ein Zustand: Er ist
auch eine Wirkung, die ansteckend sein kann.
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Die Herausforderung: Die Lauten, die den Mittelpunkt suchen, haben kein Problem,
einander zu sehen: Sie müssen nur dem gegenseitigen Lärm folgen, um sich zu finden
und zu vernetzen. So können sie scheinbar den Kommunikationsraum dominieren. Die
Leisen hingegen, die Nachdenklichen, die Zweifelnden, die Demütigen, die Menschen auf
Rückzug haben es mit dem Vernetzen deutlich schwerer. Sie denken vielleicht sogar, sie
seien mit ihren Themen allein, und es gebe da draußen niemanden, der sich mit ihnen
austauschen möchte. Die Aufgabe: Andere Wege finden, sich zu vernetzen. Wenn Sie
zum Beispiel solche Menschen kennen, die so langsam in die Einsamkeit rutschen,
fangen Sie sie auf und bringen Sie sie mit anderen zusammen. Oder suchen Sie sich
Gesprächsgruppen, Selbsthilfevereine oder Plattformen in Ihrer Region oder im Internet.
Und wenn Sie keine finden, warum nicht selbst solche Möglichkeiten aufbauen? Und falls
Ihnen die Hürden am Anfang unüberwindbar erscheinen (was sie nie wirklich sind),
suchen Sie eine Handreichung bei Therapeuten oder Coachs, um die Dinge zu
relativieren. Wenn man den eigenen Ängsten endlich in die Augen schaut, sieht man,
dass sie deutlich kleiner sind, als man dachte. Und wenn man ein wohlwollendes
menschliches Netz hinter sich weiß, fällt es leichter, etwas zu wagen.
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Die Herausforderung: In unsteten Zeiten ist die Versuchung groß, sich viel mit sich
selbst zu beschäftigen. Die digitalen Medien sind eine ständige Einladung, es bis zu einer
regelrechten Ich-Besessenheit werden zu lassen. Von allen Seiten kommen Sätze voller
„Ich / mich / mein / mir“. Sich viel mit sich selbst beschäftigen ist allerdings ein ziemlich
sicherer Weg in ein ziemlich unglückliches Leben. Das mag ein bisschen kontra-intuitiv
sein. Doch Matthieu Ricard, französischer buddhistischer Mönch aus dem direkten
Umfeld des Dalai Lama, schreibt: „Alle, die unglücklich sind, sind es, weil sie ihr eigenes
Glück gesucht haben. Alle, die glücklich sind, sind es, weil sie das Glück eines anderen
gesucht haben.“ Die Aufgabe: Fokussieren Sie sich darauf, dass es ein paar Menschen
um Sie herum gut geht. Wenn die sich dann auch darauf fokussieren, dass es Ihnen gut
geht, dann sind es die richtigen, denn eine Gegenseitigkeit ist dann vorhanden. Gerade
Hochsensible finden häufig ihre Erfüllung im Dienst am anderen, auch in schweren
Zeiten. Die Fokussierung auf andere erweckt und erhöht auch die Neugier. Und ohne
Neugier gibt es wahrscheinlich keine Kreativität: Wie soll Neues erschaffen werden, wenn
keine Neugier, also kein Impuls in Richtung des Neuen vorhanden ist?
Manchmal gibt es einfach schwierige Zeiten. Wer sich für die Menschheitsgeschichte
interessiert, weiß, dass es manchmal Zeiten gibt, in denen sich offenbar etwas unaufhaltsam
austoben muss, bevor es wieder Ruhe findet. Das ist kein Fatalismus, sondern eine
Einladung, schon jetzt eine bessere Zukunft vorzubereiten: Heute erst mal
Schadensbegrenzung - damit es in der Zeit nach dem Sturm nicht so vieles zu reparieren
gibt. Es könnte sogar sein, dass mehr Menschen sehen, dass die Hochsensiblen ein paar
gute Lösungen für eine bessere Zukunft besitzen.
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