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Alexander Hohmann - Blog

Coaching und mehr

Das Thema Hochsensibilität ist an anderer Stelle auf dieser Webseite ausführlich behandelt. Auf dieser Seite geht es spezifisch um die Hochsensibilität bei Männern und Jungen, wobei auch zahlreiche hochsensible Frauen in meine Praxis in Freiburg kommen (sowie nicht-hochsensible Menschen allen Geschlechts). Das Thema der männlichen Hochsensibilität ist in Deutschland noch sehr wenig beleuchtet. Die Literatur ist minimal (vgl. Tom Falkenstein: „Hochsensible Männer“, Junfermann Verlag. Christoph Weinmann: "...spürbar anders!?: Potenzial und Widersprüche hochsensibler Jungen und Männer", Novum Verlag). Das Seminar- und Beratungsangebot ist ebenso gering. Die Medien berichten bei Hochsensibilitätsthemen weiterhin vor allem über Frauen. Bei Frauen ist die Hochsensibilität gesellschaftlich schon immer recht gut akzeptiert (man schaue nur, wer in den alten Kinoklassikern den ganzen emotionalen Ausdruck übernimmt) - auch wenn hochsensible Frauen es genau so schwer haben wie hochsensible Männer, da die Belohnungssysteme der Gesellschaft beide noch wenig honorieren (außer vielleicht in Kunst, Musik und Schauspiel). Gegenüber Männern sind aber auch heute noch Vokabeln wie „Waschlappen“ und „Weichei“ und andere Formen der Geringschätzung nie weit. Und wenige Frauen haben in ihrem Leben etwas gehört wie “stell dich nicht so an! Sei eine Frau!” Wohingegen “Sei ein Mann!” eine weiterhin beliebte Maßnahme zur Männerverhaltenssteuerung bleibt, deren Wirksamkeit wahrscheinlich daher rührt, dass sie in Wirklichkeit die Androhung einer Beschämung ist (“du bist kein Mann!”). Erschwerend kommt hinzu, dass es vielen hochsensiblen Menschen allen Geschlechts an dem fehlt, was in Deutschland „Selbstbewusstsein“ genannt wird. Sich als nachdenklicher und feinfühliger Mensch im Lärm der Gesellschaft wiederzufinden und zu positionieren, fällt schwer. In einer aufmerksamkeitsgierigen Zeit fühlen sich zurückhaltende Menschen unsichtbar, schlimmstenfalls überflüssig. Das kann in einen Teufelskreis der Vereinsamung führen. Und auch die Suizidrate ist unter Männern um ein vielfaches höher als bei Frauen. (Zwar gibt es derzeit keine Statistiken darüber, ob sich Männer mit Hochsensibilität überdurchschnittlich häufig das Leben nehmen. Aber man könnte es vermuten.) Umso wichtiger ist es, innere Ressourcen zu erkunden und in gutem Kontakt mit sich selbst zu sein. So bleibt man in der eigenen Mitte und lässt sich durch äußere Verletzungen nicht mehr so leicht aus seiner Mitte stoßen. Diese innere Unumstößlichkeit kann und sollte man aufbauen. Sie ist eine wesentliche Zutat des Selbstvertrauens. Dr. Elaine Aron schreibt etwa in ihrem Buch über hochsensible Menschen in der Psychotherapie, dass es vielleicht nicht zwei, sondern vier Geschlechter gibt, nämlich Frauen, Männer, hochsensible Frauen und hochsensible Männer, und dass es von der kulturellen Akzeptanz her die hochsensiblen Männer wahrscheinlich am schwersten haben. Wenige Frauen wissen, auf wie viele Weisen das Erleben dieser Männer dem vieler Frauen ähnelt, und wie tief es hochsensible Männer verletzen kann, wenn Frauen ganz allgemein “die Männer” abwerten und verunglimpfen. Tückisch ist auch, dass viele Eigenschaften, die mit einer hohen Empfindsamkeit einher gehen, kulturell gern als “weiblich” bezeichnet werden - so als müsste man die eigene Männlichkeit ablegen (oder sogar verraten), um die eigene Sensibilität zu erleben. Das liegt daran, dass die klassischen männlichen kulturellen Vorbilder (und Klischees) meistens emotional betäubt erscheinen. Der fehlende Zugang nach innen erlaubt es dem Helden, sich ganz auf die Aufgaben und Bedrohungen im Außen zu fokussieren - ohne emotionale Ablenkungen. Für das Überleben der Spezies mag das sogar über lange Zeit sinnvoll gewesen sein. Andernfalls hätte die Kultur diese Vorbilder wohl nicht so lange aufrecht erhalten und Abweichende nicht so systematisch abgewertet. Die Gleichsetzung von hoher Empfindsamkeit und Weiblichkeit ist heute aber eine der zahlreichen kulturellen Programmierungen, die wir noch überwinden müssen. Erschwerend mag auch sein, dass der Diskurs über Hochsensibilität noch stark weiblich dominiert ist. Viele Inhalte im Internet werden von Frauen geschrieben, die vor allem mit Frauen arbeiten. Die Lösung wird für einen Mann aber wahrscheinlich nicht darin bestehen, dass er versucht, seine Hochsensibilität so auszuleben, wie er sie von Frauen beschrieben bekommt. Denn das wäre eine weitere Weise, am eigenen Leben vorbei zu leben, und schafft mehr Probleme, als es löst. Männer müssen ihre eigenen Ausdrucksformen ihrer Hochsensibilität vielfach noch erfinden und sich von den Stereotypen weg in eine viel größere Verhaltens- und Interessenvielfalt ausdehnen. Da gibt es viel Neuland zu erforschen. Männer haben nicht weniger als Frauen einen Anspruch auf ein reiches Innenleben. Fühlen bedarf keiner Rechtfertigung. Jede Emotion ist schon dadurch ausreichend legitim, dass sie da ist. Sie ist eine Botschaft aus dem Inneren. Hochsensible Männer könnten eine Rolle dabei spielen, die Vielfalt der inneren Regungen zu öffnen und erweitern. Denn über lange Zeiten war die Wut die mehr oder weniger einzige Emotion, die Männern „erlaubt“ war. In solchen Fällen wird sich aber jede innere Regung in Richtung der Wut „verschieben“. So wird dann etwa Trauer nicht als Trauer gelebt, sondern es werden die Fäuste geballt. Auch Freude kann zu Ausdrucksformen führen, die der Wut nicht unähnlich sind - etwa wenn beim Mannschaftssieg die Fäuste gen Himmel geworfen werden. Hier gilt es, diese „Verschiebungen“ wieder rückgängig zu machen und das gesamte Emotionsspektrum zu erleben. Bei der erforderlichen Wiedervereinigung des männlichen und des weiblichen Prinzips (was auch immer Sie selbst darunter verstehen möchten) könnten hochsensible Männer eine wichtige Vorreiterrolle spielen und wissen es noch gar nicht. Sie könnten auch eine wichtige Rolle darin haben, das Beste in Frauen aufblühen zu lassen. Die Paartherapeutin Esther Perel stellte einmal eine häufige Beobachtung bei ihren sensiblen männlichen Klienten fest: Wenn sie in ihrer Kindheit Gewalt zwischen ihren Eltern erlebt haben, dann sind sie später häufig von ihrer männlichen Energie abgeschnitten. Sie haben die zerstörerischen Konsequenzen von Aggressivität in ihrer dunklen Form (Gewalt) erlebt, den Schmerz empathisch mitgefühlt (oder waren selbst Zielscheibe dieser Gewalt). Dann wollen sie damit nichts zu tun haben und später im Leben “alles richtig machen”. Dadurch schneiden sie sich aber auch von den guten Seiten von Aggressionsenergie ab: Tatkraft, Energie, Antrieb, Entschlossenheit, Richtung, Durchhaltevermögen. („Aggression“ ist erst einmal etwas Neutrales und kommt aus dem Latein „ad-gressere“, was nichts anderes bedeutet als „auf etwas zu gehen“.) Schlimmstenfalls werden solche Jungen und Männer zum antriebs- und orientierungslosen Spielball ihres Umfelds, machen ihr eigenes Selbstwertgefühl völlig von den Bewertungen der anderen abhängig, resignieren vielleicht in einer Partnerschaft, in der sie “nichts zu melden haben”. Dann passen sie zu einer kontrollsüchtigen und/oder narzisstischen Partnerin oder zu einem solchen Partner, so wie das ja auch umgekehrt gern geschieht. Oder ihre Partnerin mag nach einer Weile nicht mehr die einzige Impulsgeberin der Beziehung sein und wird auf Abstand gehen. Oder vielleicht haben sie auch keine Partnerin, entziehen sich der Wirklichkeit so weit es geht und versinken im Riesenangebot digitaler Ablenkungen oder einfach in Alkohol und anderen Substanzen. Hier ist Schattenarbeit erforderlich, also der Blick ins Verdrängte. Denn die Quelle des eigenen Antriebs und möglicherweise das eigentliche Lebensziel liegen im “Schatten”, also in genau jenem Teil, von dem sie sich abgeschnitten haben: Diesen verdrängten Teil sehen sie dann nicht mehr bei sich selbst, sondern höchstens noch bei den anderen („Projektion“). Häufig sind sie dann auch von elementaren Emotionen und von ihrer Lebensfreude getrennt. Ausgerechnet diesen gefürchteten inneren Teil muss man sich aber wieder aneignen, um in die eigene Energie zu kommen. (Wenn man endlich hin schaut, ist er übrigens meistens gar nicht so schlimm.) Und wer keine Lösungen sucht, wird nur seine eigenen offenen Fragen an die nächste Generation weitergeben. Spätestens wenn solche Männer dann einen Sohn haben, kommt die Frage hoch, was sich der Sohn vom Vater abschauen soll - am besten eine vorgelebte, gesunde, selbstwirksame und vollständige Männlichkeit, gewaltfrei und dennoch voller Energie. Viele „neue Väter“ können zwar sehr zugewandt sein, sind es aber bevorzugt mit ihren Töchtern, weil sie dort ein unmittelbares emotionales, herzerwärmendes Feedback erhalten und sich so als fürsorglich und liebevoll erleben können. Bei den Söhnen ist das komplizierter. Das bessere Lernen des Zugangs zu den eigenen Emotionen funktioniert am besten im sicheren Raum. Und das heißt: Mit Menschen, mit denen Sie sich sicher fühlen statt Urteil und Beschämung befürchten zu müssen. Die Partnerschaft ist oft nicht dieser sichere, urteilsfreie Raum. Besser klappen die ersten Schritte mit männlichen Freunden oder einer Männergruppe, bevor Sie die neuen Erfahrungen in die Partnerschaft mitbringen. Die wichtige Frage, die Sie sich stellen können, ist: “Könnte ich diesen Menschen alles sagen? Würde ich ihnen auch meine Verwundbarkeiten und Schattenseiten zeigen können, ohne zu befürchten, dass ich mich danach schämen muss oder beschämt werde?” Wenn Sie diese Fragen mit Ja beantworten können, vereinbaren Sie doch einmal ein Experiment miteinander, nämlich dass Sie sich gegenseitig mehr öffnen und ehrliches und möglichst wertungsfreies und konstruktives Feedback darüber geben, wie Sie Dinge erleben. Und Sie können versuchen, zusammen den Dingen, die Sie fühlen, einen Namen zu geben, um so ihren Blick auf Ihr Innenleben und Ihre Unterscheidungsfähigkeit zu schärfen. So steigt dann aus einem bisher dumpfen inneren Grollen vielleicht eine ganze Palette an differenzierten Empfindungen empor. Das mag sich manchmal noch ein bisschen kindlich anfühlen, wie eine “Emotions-Alphabetisierung”, aber das ist in Ordnung. Denn immerhin sind das Dinge, die vielleicht weder Ihr Vater, noch Ihre Großväter, noch Ihre weiteren männlichen Ahnen jemals konnten. Da leisten Sie Pionierarbeit, und die ersten Schritte werden noch nicht ganz sicher sein. Und vielleicht schauen Ihnen Ihre Ahnen dabei neugierig, erleichtert und sogar mit Stolz über die Schulter. Für hochsensible Männer besonders wichtig ist es, einen Sinn in ihrem Dasein zu erkennen. Wofür bin ich hier? Nicht selten ist da ein Gefühl, eine Art “Mission” zu haben. Und diese “Mission” hat bei hochsensiblen Menschen meistens damit zu tun, sich in den Dienst anderer Menschen oder der Menschheit oder anderer Lebewesen zu stellen. Oder das etwas gut „fließt“, etwa in einer Organisation, oder in Infrastrukturen, oder im Wissensfluss. Hochsensible Männer haben meistens wenig Interesse an den “offiziellen”, materiellen Erfolgskriterien Geld, Macht, Ruhm und Status. Stattdessen freut es viele, wenn es den Menschen um sie herum gut geht und sie dazu etwas beitragen können. Das Leben als hochsensibler Mann kann sehr schwierig und leer sein, wenn er sich diesem Sinn des eigenen Daseins nicht bewusst wird oder zu weit davon entfernt lebt. Dann lässt er sich möglicherweise treiben und wird zum Spielball seines Umfelds weil er kein inneres Zentrum hat, das ihm Stabilität gibt. Wie ein Schiff, das nie die Segel setzt. Schlummert in Ihnen schon lange ein Projekt, ein Vorhaben, ein innerer Auftrag, eine Mission? Ein Coach oder Mentor kann Sie dabei unterstützen, es zu formulieren und ins Handeln zu kommen. Hat der hochsensible Mann seinen Weg gefunden und beschreitet er ihn, kann er trotz aller Hürden viel Erfüllung finden, auch wenn sein Alter bereits fortgeschritten ist. Das braucht sowieso seine Zeit. Geduld ist eine sinnvolle Verbündete. Weitere Verbündete findet man, wenn man sich Hilfe sucht. Es ist nichts falsch daran, sich Hilfe und Unterstützung zu holen. “Ich muss dass allein hinkriegen” ist ein veraltetes Missverständnis. In früheren Zeiten waren Männer auch immer in Gemeinschaften und Kamaraderien eingebunden und haben sich gern gegenseitig Hilfe geleistet. Den Jungen und jungen Männern, die mit ihrer Hochsensibilität hadern und noch nicht sehen, wie sie damit klar kommen sollen, sei auch gesagt: Es wird mit der Zeit immer besser. Nur sollte man irgendwann ins Handeln kommen, und insbesondere seine ganz persönliche Art erfinden, Hochsensibilität als Junge oder als Mann zu leben. Wer um die 30 ist, sollte wirklich nicht mehr allzu lange damit warten, von den bisherigen Irrwegen und Holzpfaden herunter zu kommen, seinen eigenen Weg zu finden und sein Leben aufzubauen, und dabei seine Sensitivität gut ins eigene Leben zu integrieren, statt weiter mit ihr zu hadern. Und auch potenzielle Partnerinnen wissen mit zunehmendem Alter die Qualitäten hochsensibler Männer besser zu schätzen, denn sie hatten dann Zeit, nicht so gute Erfahrung mit unsensiblen Männern zu machen. Auch in höherem Alter bleibt immer fast alles möglich. Zwar kann es schwerer fallen. Es hat vielleicht bereits eine Reihe verpasster Gelegenheiten gegeben, und die sollte man mit Wohlwollen und Selbst-Empathie betrauern damit nicht mehr die Gespenster der „nicht gelebten Leben“ neben dem echten Leben her laufen. Die gute Nachricht: Mit dem Alter kommt auch die Erfahrung. Sie lässt uns besser die Abkürzungen und Irrwege sehen, zielgerichteter und wirksamer sein, und das Wesentliche besser vom Unwichtigen unterscheiden. Und weil man schon häufig an die eigenen Grenzen gestoßen ist, fällt es leichter, Verwundbarkeit zuzulassen - bei sich und auch bei anderen. Vielleicht gibt es viele Dinge, die Sie nach Ihrem Gefühl her noch mit niemandem teilen konnten, die Sie noch nie ganz offen jemandem gesagt haben, weil noch keine Frau, noch kein Mann Ihnen den Eindruck gab, das hören zu wollen oder einfach mal akzeptieren zu können. Warum diese Ideen, Ansichten, Erkenntnisse nicht einmal mit einem männlichen Coach teilen, der vielleicht ganz ähnliche Erfahrungen gemacht hat und Sie ganz bestimmt nicht dafür abwerten wird, sondern mit Ihnen zusammen erforscht, wie es von da aus weiter geht? Was könnte sich dann alles zum Besseren wenden? Was könnte dann endlich alles anfangen? Lesen Sie auch: Coaching für hochsensible Menschen Kontakt & Terminvereinbarung, in Freiburg oder online Wie sieht Ihre erste Coachingsitzung aus? Hochsensibilität in Beruf, Organisationen und Management Die Schattenseiten der Hochsensibilität Weitere Artikel im Blog Zur Startseite

Alexander Hohmann

Zertifizierter Life Coach

& Business Coach

Freiburg i. Br. & online

Deutsch - français - englisch

Das Thema Hochsensibilität ist an anderer Stelle auf dieser Webseite ausführlich behandelt. Auf dieser Seite geht es spezifisch um die Hochsensibilität bei Männern und Jungen, wobei auch zahlreiche hochsensible Frauen in meine Praxis in Freiburg kommen (sowie nicht-hochsensible Menschen allen Geschlechts). Das Thema der männlichen Hochsensibilität ist in Deutschland noch sehr wenig beleuchtet. Die Literatur ist minimal (vgl. Tom Falkenstein: „Hochsensible Männer“, Junfermann Verlag. Christoph Weinmann: "...spürbar anders!?: Potenzial und Widersprüche hochsensibler Jungen und Männer", Novum Verlag). Das Seminar- und Beratungsangebot ist ebenso gering. Die Medien berichten bei Hochsensibilitätsthemen weiterhin vor allem über Frauen. Bei Frauen ist die Hochsensibilität gesellschaftlich schon immer recht gut akzeptiert (man schaue nur, wer in den alten Kinoklassikern den ganzen emotionalen Ausdruck übernimmt) - auch wenn hochsensible Frauen es genau so schwer haben wie hochsensible Männer, da die Belohnungssysteme der Gesellschaft beide noch wenig honorieren (außer vielleicht in Kunst, Musik und Schauspiel). Gegenüber Männern sind aber auch heute noch Vokabeln wie „Waschlappen“ und „Weichei“ und andere Formen der Geringschätzung nie weit. Und wenige Frauen haben in ihrem Leben etwas gehört wie “stell dich nicht so an! Sei eine Frau!” Wohingegen “Sei ein Mann!” eine weiterhin beliebte Maßnahme zur Männerverhaltenssteuerung bleibt, deren Wirksamkeit wahrscheinlich daher rührt, dass sie in Wirklichkeit die Androhung einer Beschämung ist (“du bist kein Mann!”). Erschwerend kommt hinzu, dass es vielen hochsensiblen Menschen allen Geschlechts an dem fehlt, was in Deutschland „Selbstbewusstsein“ genannt wird. Sich als nachdenklicher und feinfühliger Mensch im Lärm der Gesellschaft wiederzufinden und zu positionieren, fällt schwer. In einer aufmerksamkeitsgierigen Zeit fühlen sich zurückhaltende Menschen unsichtbar, schlimmstenfalls überflüssig. Das kann in einen Teufelskreis der Vereinsamung führen. Und auch die Suizidrate ist unter Männern um ein vielfaches höher als bei Frauen. (Zwar gibt es derzeit keine Statistiken darüber, ob sich Männer mit Hochsensibilität überdurchschnittlich häufig das Leben nehmen. Aber man könnte es vermuten.) Umso wichtiger ist es, innere Ressourcen zu erkunden und in gutem Kontakt mit sich selbst zu sein. So bleibt man in der eigenen Mitte und lässt sich durch äußere Verletzungen nicht mehr so leicht aus seiner Mitte stoßen. Diese innere Unumstößlichkeit kann und sollte man aufbauen. Sie ist eine wesentliche Zutat des Selbstvertrauens. Dr. Elaine Aron schreibt etwa in ihrem Buch über hochsensible Menschen in der Psychotherapie, dass es vielleicht nicht zwei, sondern vier Geschlechter gibt, nämlich Frauen, Männer, hochsensible Frauen und hochsensible Männer, und dass es von der kulturellen Akzeptanz her die hochsensiblen Männer wahrscheinlich am schwersten haben. Wenige Frauen wissen, auf wie viele Weisen das Erleben dieser Männer dem vieler Frauen ähnelt, und wie tief es hochsensible Männer verletzen kann, wenn Frauen ganz allgemein “die Männer” abwerten und verunglimpfen. Tückisch ist auch, dass viele Eigenschaften, die mit einer hohen Empfindsamkeit einher gehen, kulturell gern als “weiblich” bezeichnet werden - so als müsste man die eigene Männlichkeit ablegen (oder sogar verraten), um die eigene Sensibilität zu erleben. Das liegt daran, dass die klassischen männlichen kulturellen Vorbilder (und Klischees) meistens emotional betäubt erscheinen. Der fehlende Zugang nach innen erlaubt es dem Helden, sich ganz auf die Aufgaben und Bedrohungen im Außen zu fokussieren - ohne emotionale Ablenkungen. Für das Überleben der Spezies mag das sogar über lange Zeit sinnvoll gewesen sein. Andernfalls hätte die Kultur diese Vorbilder wohl nicht so lange aufrecht erhalten und Abweichende nicht so systematisch abgewertet. Die Gleichsetzung von hoher Empfindsamkeit und Weiblichkeit ist heute aber eine der zahlreichen kulturellen Programmierungen, die wir noch überwinden müssen. Erschwerend mag auch sein, dass der Diskurs über Hochsensibilität noch stark weiblich dominiert ist. Viele Inhalte im Internet werden von Frauen geschrieben, die vor allem mit Frauen arbeiten. Die Lösung wird für einen Mann aber wahrscheinlich nicht darin bestehen, dass er versucht, seine Hochsensibilität so auszuleben, wie er sie von Frauen beschrieben bekommt. Denn das wäre eine weitere Weise, am eigenen Leben vorbei zu leben, und schafft mehr Probleme, als es löst. Männer müssen ihre eigenen Ausdrucksformen ihrer Hochsensibilität vielfach noch erfinden und sich von den Stereotypen weg in eine viel größere Verhaltens- und Interessenvielfalt ausdehnen. Da gibt es viel Neuland zu erforschen. Männer haben nicht weniger als Frauen einen Anspruch auf ein reiches Innenleben. Fühlen bedarf keiner Rechtfertigung. Jede Emotion ist schon dadurch ausreichend legitim, dass sie da ist. Sie ist eine Botschaft aus dem Inneren. Hochsensible Männer könnten eine Rolle dabei spielen, die Vielfalt der inneren Regungen zu öffnen und erweitern. Denn über lange Zeiten war die Wut die mehr oder weniger einzige Emotion, die Männern „erlaubt“ war. In solchen Fällen wird sich aber jede innere Regung in Richtung der Wut „verschieben“. So wird dann etwa Trauer nicht als Trauer gelebt, sondern es werden die Fäuste geballt. Auch Freude kann zu Ausdrucksformen führen, die der Wut nicht unähnlich sind - etwa wenn beim Mannschaftssieg die Fäuste gen Himmel geworfen werden. Hier gilt es, diese „Verschiebungen“ wieder rückgängig zu machen und das gesamte Emotionsspektrum zu erleben. Bei der erforderlichen Wiedervereinigung des männlichen und des weiblichen Prinzips (was auch immer Sie selbst darunter verstehen möchten) könnten hochsensible Männer eine wichtige Vorreiterrolle spielen und wissen es noch gar nicht. Sie könnten auch eine wichtige Rolle darin haben, das Beste in Frauen aufblühen zu lassen. Die Paartherapeutin Esther Perel stellte einmal eine häufige Beobachtung bei ihren sensiblen männlichen Klienten fest: Wenn sie in ihrer Kindheit Gewalt zwischen ihren Eltern erlebt haben, dann sind sie später häufig von ihrer männlichen Energie abgeschnitten. Sie haben die zerstörerischen Konsequenzen von Aggressivität in ihrer dunklen Form (Gewalt) erlebt, den Schmerz empathisch mitgefühlt (oder waren selbst Zielscheibe dieser Gewalt). Dann wollen sie damit nichts zu tun haben und später im Leben “alles richtig machen”. Dadurch schneiden sie sich aber auch von den guten Seiten von Aggressionsenergie ab: Tatkraft, Energie, Antrieb, Entschlossenheit, Richtung, Durchhaltevermögen. („Aggression“ ist erst einmal etwas Neutrales und kommt aus dem Latein „ad-gressere“, was nichts anderes bedeutet als „auf etwas zu gehen“.) Schlimmstenfalls werden solche Jungen und Männer zum antriebs- und orientierungslosen Spielball ihres Umfelds, machen ihr eigenes Selbstwertgefühl völlig von den Bewertungen der anderen abhängig, resignieren vielleicht in einer Partnerschaft, in der sie “nichts zu melden haben”. Dann passen sie zu einer kontrollsüchtigen und/oder narzisstischen Partnerin oder zu einem solchen Partner, so wie das ja auch umgekehrt gern geschieht. Oder ihre Partnerin mag nach einer Weile nicht mehr die einzige Impulsgeberin der Beziehung sein und wird auf Abstand gehen. Oder vielleicht haben sie auch keine Partnerin, entziehen sich der Wirklichkeit so weit es geht und versinken im Riesenangebot digitaler Ablenkungen oder einfach in Alkohol und anderen Substanzen. Hier ist Schattenarbeit erforderlich, also der Blick ins Verdrängte. Denn die Quelle des eigenen Antriebs und möglicherweise das eigentliche Lebensziel liegen im “Schatten”, also in genau jenem Teil, von dem sie sich abgeschnitten haben: Diesen verdrängten Teil sehen sie dann nicht mehr bei sich selbst, sondern höchstens noch bei den anderen („Projektion“). Häufig sind sie dann auch von elementaren Emotionen und von ihrer Lebensfreude getrennt. Ausgerechnet diesen gefürchteten inneren Teil muss man sich aber wieder aneignen, um in die eigene Energie zu kommen. (Wenn man endlich hin schaut, ist er übrigens meistens gar nicht so schlimm.) Und wer keine Lösungen sucht, wird nur seine eigenen offenen Fragen an die nächste Generation weitergeben. Spätestens wenn solche Männer dann einen Sohn haben, kommt die Frage hoch, was sich der Sohn vom Vater abschauen soll - am besten eine vorgelebte, gesunde, selbstwirksame und vollständige Männlichkeit, gewaltfrei und dennoch voller Energie. Viele „neue Väter“ können zwar sehr zugewandt sein, sind es aber bevorzugt mit ihren Töchtern, weil sie dort ein unmittelbares emotionales, herzerwärmendes Feedback erhalten und sich so als fürsorglich und liebevoll erleben können. Bei den Söhnen ist das komplizierter. Das bessere Lernen des Zugangs zu den eigenen Emotionen funktioniert am besten im sicheren Raum. Und das heißt: Mit Menschen, mit denen Sie sich sicher fühlen statt Urteil und Beschämung befürchten zu müssen. Die Partnerschaft ist oft nicht dieser sichere, urteilsfreie Raum. Besser klappen die ersten Schritte mit männlichen Freunden oder einer Männergruppe, bevor Sie die neuen Erfahrungen in die Partnerschaft mitbringen. Die wichtige Frage, die Sie sich stellen können, ist: “Könnte ich diesen Menschen alles sagen? Würde ich ihnen auch meine Verwundbarkeiten und Schattenseiten zeigen können, ohne zu befürchten, dass ich mich danach schämen muss oder beschämt werde?” Wenn Sie diese Fragen mit Ja beantworten können, vereinbaren Sie doch einmal ein Experiment miteinander, nämlich dass Sie sich gegenseitig mehr öffnen und ehrliches und möglichst wertungsfreies und konstruktives Feedback darüber geben, wie Sie Dinge erleben. Und Sie können versuchen, zusammen den Dingen, die Sie fühlen, einen Namen zu geben, um so ihren Blick auf Ihr Innenleben und Ihre Unterscheidungsfähigkeit zu schärfen. So steigt dann aus einem bisher dumpfen inneren Grollen vielleicht eine ganze Palette an differenzierten Empfindungen empor. Das mag sich manchmal noch ein bisschen kindlich anfühlen, wie eine “Emotions- Alphabetisierung”, aber das ist in Ordnung. Denn immerhin sind das Dinge, die vielleicht weder Ihr Vater, noch Ihre Großväter, noch Ihre weiteren männlichen Ahnen jemals konnten. Da leisten Sie Pionierarbeit, und die ersten Schritte werden noch nicht ganz sicher sein. Und vielleicht schauen Ihnen Ihre Ahnen dabei neugierig, erleichtert und sogar mit Stolz über die Schulter. Für hochsensible Männer besonders wichtig ist es, einen Sinn in ihrem Dasein zu erkennen. Wofür bin ich hier? Nicht selten ist da ein Gefühl, eine Art “Mission” zu haben. Und diese “Mission” hat bei hochsensiblen Menschen meistens damit zu tun, sich in den Dienst anderer Menschen oder der Menschheit oder anderer Lebewesen zu stellen. Oder das etwas gut „fließt“, etwa in einer Organisation, oder in Infrastrukturen, oder im Wissensfluss. Hochsensible Männer haben meistens wenig Interesse an den “offiziellen”, materiellen Erfolgskriterien Geld, Macht, Ruhm und Status. Stattdessen freut es viele, wenn es den Menschen um sie herum gut geht und sie dazu etwas beitragen können. Das Leben als hochsensibler Mann kann sehr schwierig und leer sein, wenn er sich diesem Sinn des eigenen Daseins nicht bewusst wird oder zu weit davon entfernt lebt. Dann lässt er sich möglicherweise treiben und wird zum Spielball seines Umfelds weil er kein inneres Zentrum hat, das ihm Stabilität gibt. Wie ein Schiff, das nie die Segel setzt. Schlummert in Ihnen schon lange ein Projekt, ein Vorhaben, ein innerer Auftrag, eine Mission? Ein Coach oder Mentor kann Sie dabei unterstützen, es zu formulieren und ins Handeln zu kommen. Hat der hochsensible Mann seinen Weg gefunden und beschreitet er ihn, kann er trotz aller Hürden viel Erfüllung finden, auch wenn sein Alter bereits fortgeschritten ist. Das braucht sowieso seine Zeit. Geduld ist eine sinnvolle Verbündete. Weitere Verbündete findet man, wenn man sich Hilfe sucht. Es ist nichts falsch daran, sich Hilfe und Unterstützung zu holen. “Ich muss dass allein hinkriegen” ist ein veraltetes Missverständnis. In früheren Zeiten waren Männer auch immer in Gemeinschaften und Kamaraderien eingebunden und haben sich gern gegenseitig Hilfe geleistet. Den Jungen und jungen Männern, die mit ihrer Hochsensibilität hadern und noch nicht sehen, wie sie damit klar kommen sollen, sei auch gesagt: Es wird mit der Zeit immer besser. Nur sollte man irgendwann ins Handeln kommen, und insbesondere seine ganz persönliche Art erfinden, Hochsensibilität als Junge oder als Mann zu leben. Wer um die 30 ist, sollte wirklich nicht mehr allzu lange damit warten, von den bisherigen Irrwegen und Holzpfaden herunter zu kommen, seinen eigenen Weg zu finden und sein Leben aufzubauen, und dabei seine Sensitivität gut ins eigene Leben zu integrieren, statt weiter mit ihr zu hadern. Und auch potenzielle Partnerinnen wissen mit zunehmendem Alter die Qualitäten hochsensibler Männer besser zu schätzen, denn sie hatten dann Zeit, nicht so gute Erfahrung mit unsensiblen Männern zu machen. Auch in höherem Alter bleibt immer fast alles möglich. Zwar kann es schwerer fallen. Es hat vielleicht bereits eine Reihe verpasster Gelegenheiten gegeben, und die sollte man mit Wohlwollen und Selbst-Empathie betrauern damit nicht mehr die Gespenster der „nicht gelebten Leben“ neben dem echten Leben her laufen. Die gute Nachricht: Mit dem Alter kommt auch die Erfahrung. Sie lässt uns besser die Abkürzungen und Irrwege sehen, zielgerichteter und wirksamer sein, und das Wesentliche besser vom Unwichtigen unterscheiden. Und weil man schon häufig an die eigenen Grenzen gestoßen ist, fällt es leichter, Verwundbarkeit zuzulassen - bei sich und auch bei anderen. Vielleicht gibt es viele Dinge, die Sie nach Ihrem Gefühl her noch mit niemandem teilen konnten, die Sie noch nie ganz offen jemandem gesagt haben, weil noch keine Frau, noch kein Mann Ihnen den Eindruck gab, das hören zu wollen oder einfach mal akzeptieren zu können. Warum diese Ideen, Ansichten, Erkenntnisse nicht einmal mit einem männlichen Coach teilen, der vielleicht ganz ähnliche Erfahrungen gemacht hat und Sie ganz bestimmt nicht dafür abwerten wird, sondern mit Ihnen zusammen erforscht, wie es von da aus weiter geht? Was könnte sich dann alles zum Besseren wenden? Was könnte dann endlich alles anfangen? Lesen Sie auch: Coaching für hochsensible Menschen Kontakt & Terminvereinbarung, in Freiburg oder online Wie sieht Ihre erste Coachingsitzung aus? Hochsensibilität in Beruf, Organisationen und Management Die Schattenseiten der Hochsensibilität Weitere Artikel im Blog Zur Startseite