Alexander Hohmann
Zertifizierter Life Coach
& Business Coach
Freiburg i. Br. & online
Deutsch - français - englisch
Personen (HSP) sind davon besonders
„mitgenommen“, auf höchst unangenehme
Weise. Denn sie nehmen den Zustand des
zwischenmenschlichen Geflechts intensiv wahr
– ob bewusst oder unbewusst. Nicht wenige
verspüren heute eine andauernde
Anspannung, ohne sie wirklich zuordnen zu
können.
Zudem greifen Wut, Frust und Angst um sich.
Von allen Seiten gibt es Einladungen, sich in
den Dienst des Sinfoniekonzerts der
Empörungen und Aufregungen und
Feindseligkeiten und Belehrungen zu stellen
und irgendwann lieber mitzusingen statt sich
gegen den Strom zu stellen.
Es scheint der einfachere Weg, es einfach wie
die anderen zu machen, als könne man
außerhalb der vorgezeichneten Trampelpfade
nicht gut überleben. Und dennoch fühlt er sich
nicht richtig an. Das kann sich sogar zur
Lebenskrise entwickeln.
Weltflucht scheint die andere verlockende
Antwort für Hochsensible zu sein: Der Traum
von der „Hütte im Wald“, die digitalen
Ablenkungen, der Rückzug in eine immer
kleiner werdende Privatsphäre,
Opferhaltungen, Alkohol und andere
Substanzen, bis hin zur Selbstauslöschung.
Nur wird das Ohnmachtsgefühl erst
dadurch erschaffen, dass man sich ihm
hingibt. Man sieht die eigene Machtlosigkeit
als Ursache für den eigenen Rückzug. Doch in
Wirklichkeit ist es umgekehrt. Und: Es gibt
andere Wege.
Als hochsensibler Mensch
schwierige Zeiten „überleben“
Sollte man in die Konfrontation gehen? Wie
hält man aber die Konfrontationen aus, die
zahlreiche negative Empfindungen auslösen
können, wenn man hochsensibel ist und
unangenehme Empfindungen oft Stunden,
Tage, Wochen im Körper nachglühen und nicht
weggehen wollen?
Es wäre wahrscheinlich kindliche Träumerei,
dass Hochsensible aus dem Stand eine
bessere Welt erschaffen könnten. Sich
Besserung „herbei meditieren“ wird man auch
nicht können, denn für irdische
Herausforderungen sind irdische Lösungen
gefragt.
Jenseits jeden Wunschdenkens wartet aber
eine durchaus realistische Aufgabe auf die
Hochsensiblen: die Schadensbegrenzung.
Was, wenn die Hochsensiblen die
Schadensbegrenzungs-Beauftragten wären?
•
Die Herausforderung: Durch die
Gesellschaft wallende Wellen von Wut,
Angst, Frust, Belehrung, Verachtung,
Empörung, Egoismus, Selbstgerechtigkeit
leben davon, dass sie wie Viren von einem
Menschen per Ansteckung auf den anderen
überspringen wollen, z.B. über den
Mechanismus der Provokation. Die
Aufgabe: Beschließen, zu den Menschen
zu gehören, die das Virus eben nicht
weitergeben. Viele Hochsensible haben ein
Gespür dafür, was dem
zwischenmenschlichen Geflecht schadet
und was ihm gut tut. Sie können den
Entschluss fassen, von dem, was bei ihnen
ankommt, nur das weiterzugeben, was gut
tut, und die Endstation für das zu sein, was
schadet.
•
Die Herausforderung: Mitmenschen fühlen
sich von der allgemeinen Stimmung
bedroht, bedrückt, verängstigt, verfallen in
Starre und Rückzug, oder Frust und Wut.
Die Aufgabe: Diese Menschen
unterstützen, ihren Fokus stattdessen auf
das zu richten, was in ihrem Leben stimmig
und nährend ist, und nach und nach wieder
in die persönliche Souveränität zurück zu
kehren. Wir nähren alles, dem wir unsere
Aufmerksamkeit schenken, und
schwächen alles, dem wir unsere
Aufmerksamkeit entziehen. Wir sind alle
ein bisschen Weltgärtner, und unsere
Aufmerksamkeit ist die Gießkanne. Wir
können andere unsere Aufmerksamkeit an
sich reißen lassen, oder wir können die
Verantwortung dafür übernehmen, sie
sinnvoll und souverän selbst zu steuern.
•
Die Herausforderung: Wir haben alle
unsere sogenannten „Trigger“, und die
heutige Zeit spielt auf ihnen Klavier. Dass
uns wieder einmal ein Trigger auf Autopilot
geschaltet und in eine Eskalation verwickelt
hat, merken wir meistens zu spät – nämlich
wenn wir wieder zur Besinnung
zurückkehren und den Scherbenhaufen
sehen, der dadurch entstanden ist. Die
Aufgabe: Die Verletzungen hinter den
Triggern erkennen. Hinter jedem Trigger
steckt ein verletzter Persönlichkeitsanteil.
Je mehr wir diese Anteile erkennen und ihre
Verletzungen versorgen und kurieren, desto
mehr wird unsere zersplitterte
Persönlichkeit wieder zu einer Ganzheit.
Mehr innerer Frieden kehrt ein. Und wo
Frieden ist, kann Unfrieden nicht mehr Fuß
fassen. Zudem ist innerer Frieden nicht nur
ein Zustand: Er ist auch eine Wirkung, die
für andere ansteckend sein kann.
•
Die Herausforderung: Die Lauten, die den
Mittelpunkt suchen, haben kein Problem,
einander zu sehen: Sie müssen nur dem
gegenseitigen Lärm folgen, um sich zu
finden und zu vernetzen. So können sie
scheinbar den Kommunikationsraum und
die „öffentliche Meinung“ dominieren. Die
Leisen hingegen, die Nachdenklichen, die
Zweifelnden, die Demütigen, die Menschen
auf Rückzug haben es mit dem Vernetzen
deutlich schwerer. Sie denken vielleicht
sogar, sie seien mit ihren Themen allein,
und es gebe da draußen niemanden, der
sich mit ihnen austauschen möchte. Die
Aufgabe: Andere Wege finden, sich zu
vernetzen. Wenn Sie zum Beispiel solche
Menschen kennen, die langsam in die
Einsamkeit rutschen, fangen Sie sie auf und
bringen Sie sie mit anderen zusammen.
Oder suchen Sie sich Gesprächsgruppen,
Selbsthilfevereine oder Plattformen in Ihrer
Gegend oder im Internet. Und wenn Sie
keine finden, warum nicht selbst solche
Möglichkeiten aufbauen? Und falls Ihnen
die Hürden am Anfang unüberwindbar
erscheinen (was sie nie wirklich sind),
suchen Sie eine Handreichung bei
Therapeuten oder Coachs, um die Dinge zu
relativieren. Wenn man den eigenen
Ängsten endlich in die Augen schaut, sieht
man, dass sie deutlich kleiner sind, als man
dachte. Und wenn man ein wohlwollendes
menschliches Netz hinter sich weiß, fällt es
leichter, etwas zu wagen.
•
Die Herausforderung: In unsteten Zeiten
ist die Versuchung groß, sich viel mit sich
selbst zu beschäftigen. Die digitalen Medien
sind eine ständige Einladung, es bis zu
einer regelrechten Ich-Besessenheit
werden zu lassen. Von allen Seiten
kommen Sätze voller „Ich / mich / mein /
mir“. Sich viel mit sich selbst beschäftigen
ist allerdings ein ziemlich sicherer Weg in
ein ziemlich unglückliches Leben. Das mag
ein bisschen kontra-intuitiv sein. Doch
Matthieu Ricard, französischer
buddhistischer Mönch aus dem Umfeld des
Dalai Lama, schreibt: „Alle, die unglücklich
sind, sind es, weil sie ihr eigenes Glück
gesucht haben. Alle, die glücklich sind, sind
es, weil sie das Glück eines anderen
gesucht haben.“ Die Aufgabe: Fokussieren
Sie sich darauf, dass es ein paar Menschen
um Sie herum gut geht. Wenn die sich dann
auch darauf fokussieren, dass es Ihnen gut
geht, dann sind es die richtigen, denn eine
Gegenseitigkeit ist dann vorhanden. Achten
Sie auch darauf, dass es nicht nur
Gleichgesinnte sind, die genau so sind und
denken, wie Sie, denn sonst entsteht eine
Blase. Gerade Hochsensible finden häufig
ihre Erfüllung im Dienst am anderen, auch
in schweren Zeiten. Die Fokussierung auf
andere erweckt und erhöht auch die
Neugier. Und ohne Neugier gibt es
wahrscheinlich keine Kreativität: Wie soll
Neues erschaffen werden, wenn keine Neu-
Gier, also kein starker Impuls in Richtung
des Neuen vorhanden ist?
Manchmal gibt es einfach schwierige Zeiten.
Wer sich für die Menschheitsgeschichte
interessiert, weiß, dass es manchmal Zeiten
gibt, in denen sich offenbar etwas
unaufhaltsam austoben muss, bevor es wieder
Ruhe findet. Das ist kein Fatalismus, sondern
eine Einladung, schon jetzt eine bessere
Zukunft vorzubereiten: Heute erst mal
Schadensbegrenzung - damit es in der Zeit
nach dem Sturm nicht so vieles zu reparieren
gibt. Es könnte sogar sein, dass mehr
Menschen anfangen, zu sehen, dass die
Hochsensiblen ein paar gute Lösungen für eine
bessere Zukunft besitzen. Und für die
Hochsensiblen selbst ist es wahrscheinlich gut
und gesund, immer die Verbindung zu einer
Aufgabe, zu einem größeren Ganzen zu halten,
aus was auch immer das besteht.
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„Fasse deinen Mut zusammen!
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beständiger Dauer.“
Freiherr von Knigge